racial profiling

Racial profiling bezeichnet Personenkontrollen, bei welchen Menschen angehalten werden, weil sie äußerlich nicht dem entsprechen, was die kontrollierenden Organe als „Biodeutsche“ oder „echte“ Österreicher ansehen.
Eine treffendere Bezeichnung für diese Praxis ist rassistische Personenkontrolle. Allerdings klingt das unangenehm brutal. Ein Gesetzeshüter, der einen Schwarzen Menschen nur aufgrund dessen Hautfarbe drangsaliert, könnte durch diese Wortwahl in ein schiefes Licht gerückt werden. „Racial profiling“ wirkt verhältnismäßig harmlos und beschreibt die Personenkontrolle gleichsam aus einem unparteiischen Blickwinkel. Ganz so, als könnte man dieser Praxis gegenüber eine neutrale Haltung einnehmen. Würde man von „racist profiling“ sprechen, wäre klar, worin die Ursache der gesetzten Handlung liegt.
Dass Dinge nicht beim Namen genannt werden, ist eine gängige Vorgangsweise, wenn es um strukturellen Rassismus in der Gesellschaft geht. Nicht nur die Rechte ist geübt darin, Menschenfeindlichkeit zu relativieren und die Verantwortung dafür abzuschieben. Bekanntermaßen wird Rassismus immer wieder damit entschuldigt, dass es nun mal sehr viele Ausländer im Land gäbe oder spezifische Einwander*innengruppen Probleme verursachten. Folgt man diesen Argumentationen, liegt die Verantwortung für Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit zumindest zum Teil bei der angefeindeten Gruppe selbst.
Dabei ist sonnenklar: Verantwortlich für Rassismus sind allein Rassisten. Wenn eine Person nur aufgrund ihrer Hautfarbe verdächtig erscheint, ist der Ausgangspunkt für die Verdächtigung nicht die Hautfarbe. Es ist die rassistische Haltung desjenigen, dem eine dunklere Hautfarbe ausreicht, um jemanden als suspekt wahrzunehmen. Dies ist so offensichtlich, dass darüber keine weiteren Worte verloren werden müssen.

Der eigentlich interessante Aspekt an der Thematik des racial profiling ist, dass darüber überhaupt diskutiert werden muss; dass sich Stimmen finden, die diese Praxis relativieren oder nicht verstehen wollen, wie es den Opfern rassistischer Personenkontrollen ergeht. Sozusagen: „Was soll so schlimm daran sein, wenn man von der Polizei kontrolliert wird? Laufend werden Personen angehalten, manche halt öfter. Man sollte nicht übersensibel sein. Die Polizei macht ja nur ihre Arbeit…“ In der Tat wäre nicht viel dabei, wenn solche Kontrollen die absolute Ausnahme wären. Doch 14 Prozent der Schwarzen Menschen in Deutschland und 37 Prozent der Schwarzen Menschen in Österreich geben an, im Verlauf von fünf Jahren Opfer von racial profiling geworden zu sein.1
Rassistische Personenkontrollen sind für viele Menschen eine zu häufig wiederkehrende, erniedrigende Erfahrung. Wenn man sich nicht verdächtig verhält und trotzdem regelmäßig aus der Masse herausgepickt wird, bekommt man unweigerlich den Eindruck, dass man irgendwie anders ist. In der Tat lautet die strukturell rassistische Botschaft an die angehaltene Person: „Mit Dir stimmt etwas nicht. Du gehörst nicht hierher.“ Die Botschaft an die Beobachter der Personenkontrolle ist: „Wir passen auf Euch auf. Wir greifen die heraus, die Probleme machen.“ Vermehrte Anhaltungen von jenen, die nicht dem Klischee vom typischen Deutschen entsprechen, füttern das Stereotyp vom kriminellen Fremden. „Es muss ja was dran sein, wenn immer die Ausländer kontrolliert werden.“

Um zu verdeutlichen, wie verkehrt es ist, Schwarze Menschen und jene, die für Fremde gehalten werden, übermäßig häufig zu kontrollieren, sei folgender Vergleich gezogen: Angenommen in einem Stadtviertel, in dem verhältnismäßig viele orthodoxe Juden leben, würden regelmäßig vor allem diese von der Polizei angehalten – es würde sich niemand finden, der beschwichtigt.
Letzten Endes ist es einerlei ob Personen wegen Kippa, Kopftuch oder einer dunkleren Hautfarbe kontrolliert werden – eine solche Handlung verstößt gegen die Menschenrechte und den verfassungsmäßigen Gleichheitsgrundsatz. Vor dem Gesetz sind alle Menschen gleich. „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“2

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1 European Union Agency for Fundamental Rights (2017): „Second European Union Minorities and Discrimination Survey“, S. 70 | fra.europa.eu/sites/default/files/fra_uploads/fra-2017-eu-midis-ii-main-results_en.pdf

2 Grundgesetz Artikel 3 Absatz 3